Natur im Osterzgebirge

FND Wiesen am Steinbruch Lauenstein

Foto: Holger Menzer

Unterschutzstellung: Verordnung des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Festsetzung von Flächennaturdenkmalen, vom 19. Februar 2013

Gemarkung: Bärenstein

Flurstücke: 221/3, 227 (teilweise), 228, 229, 230 (teilweise), 231 (teilweise), 232 (teilweise), 239 (teilweise)

Größe: ca. 1,2 ha

Lage:  ostexponierter Hang östlich der Sachsenhöhe, unmittelbar nördlich an den Steinbruch Lauenstein angrenzend (der Südteil der Wiesen wurde bis Mitte der 1990er Jahre abgebaggert), 300 m (Luftlinie) westlich vom Bahnhof Lauenstein, 515 – 550 m üNN; nördlich angrenzend ehemaliger Skihang Lauenstein (Skihangwiese ebenfalls mit Naturschutzkräften gepflegt)

Stattliches Knabenkraut auf der unteren Steinbruchwiese

Kurzcharakteristik: Bei beiden Steinbruchwiesen handelt es sich um Bärwurz-Bergwiesen in ihrer typischen Ausbildungsform, wobei die untere Wiese noch deutlich artenreicher ist. Getrennt werden sie durch eine bis 10 m breite Steinrücke.

Den Flächen selbst liegt offenbar mittelkörnig-flasriger Biotitgneis zugrunde (auf dem sich relativ tiefgründige Braunerde entwickeln konnte), während im angrenzenden Steinbruch bis etwa 2000 recht kompakter Granitgneis abgebaut wurde. An einer Stelle unterhalb der Steinrücke führt etwas Hangsickerwasser zu stärker durchfeuchtetem Boden, ansonsten sind die standörtlichen Bedingungen sehr homogen.

Im Trockensommer 2018 schaffte fast nur die Perücken-Flockenblume einen zweiten Aufwuchs

Der Artengrundstock wird durch folgende Pflanzen gebildet: Bärwurz Meum athamanticum, Rot-Schwingel Festuca rubra, Perücken-Flockenblume Centaurea pseudophrygia, Weicher Pippau Crepis mollis, Alantdistel Cirsium heterophyllum, Goldhafer Trisetum flavescens, Ruchgras Anthoxantum odoratum, Wolliges Honiggras Holcus lanatus, Scharfer Hahnenfuß Ranunculus acris, Wiesen-Labkraut Galium mollugo s.l., Ährige Teufelskralle Phyteuma spicatum, Vielblütige Hainsimse Luzula multiflora, Spitz-Wegerich Plantago lanceolata, Bleiche Segge Carex pallescens, Blutwurz-Fingerkraut Potentilla erecta,  Hohe Schlüsselblume Primula elatior und vielen weiteren (insgesamt ca. 70 Arten).

An der erwähnten feuchten Stelle unterhalb der Steinrücke konzentriert sich das Vorkommen der Alantdistel, darüberhinaus gibt es hier auch noch einen Restbestand an Großer Sterndolde Astrantia major (der von den Steinrückengehölzen zunehmend bedrängt wird).

Die Obere Wiese ist insgesamt etwas nährstoffreicher und artenärmer. Auf einem Streifen entlang der Steinrücke setzen sich konkurrenzkräftige Pflanzen durch: Wiesen-Kerbel Anthriscus sylvestris, Giersch Aegopodium podagraria, Wiesen-Sauerampfer Rumex acetosa, stellenweise auch Dominanzbestände von Weichem Honiggras Holcus mollis

Kreuzblümchen Obere Steinbruchwiese

Bemerkenswert ist das gehäufte Auftreten von Magerkeitszeigern auf der Unteren Wiese, u.a.  Zittergras Briza media, Gewöhnliches Kreuzblümchen Polygala vulgaris, Hunds-Veilchen Viola canina, Berg-Platterbse Lathyrus linifolius.

Besondere Bedeutung verleihen dem Biotop indes die hier ebenso vorkommenden Orchideen Stattliches Knabenkraut Orchis mascula und Großes Zweiblatt Listera ovata. Letzteres ist mit zahlreichen Individuen (größeren und kleinen, blühenden und nichtblühenden), vermutlich mehreren hundert. Das Stattliche Knabenkraut hingegen, vom Botaniker Arno Naumann einstmals als „Charakterorchis des östlichen Erzgebirges“ tituliert, hat nicht nur in der weiteren Umgebung die meisten seiner ursprünglichen Standorte eingebüßt, sondern war auch hier Ende der 1990er Jahre bis auf wenige Exemplare fast verschwunden. Dank aufwendiger Pflegemahd kommen inzwischen wieder bis zu 100 Orchis-mascula-Pflanzen zur Blüte.

In der Nordostecke der Unteren Steinbruchwiese stockt ein lückiger Zitter-Pappel-Jungbestand.

slowakische Studenten als Heuhelfer 2011

Pflege: Seit 1997 werden die Steinbruchwiesen alljährlich im Sommer von Biotoppflegern der Grünen Liga Osterzgebirge gemäht, meistens während des „Heulagers“ im Juli. Dabei wird auf die Reifung des Stattlichen Knabenkrautes besondere Rücksicht genommen. In manchen Jahren erfolgte mitunter sogar ein zweiter Schnitt, um optimale Bedingungen für das Stattliche Knabenkraut zu schaffen. Aus dem Mähgut wird nach Möglichkeit Heu gewonnen. An den Pflegekosten beteiligt sich seit Anbeginn das Steinbruchunternehmen (als Ausgleichsmaßnahmen).

In der Vergangenheit wurde das Diasporenmaterial der Steinbruchwiesen in einem Pilotversuch genutzt, um die Hangflächen des neuen Staudammes in Lauenstein zu begrünen.

Espen-Entfernung durch die Grüne Liga Osterzgebirge

Nach bereits mehrfachen Reduzierungen der Stammzahl ist eine weitere Auflichtung des Espen-Jungbestandes geplant (vollständige Beseitigung könnte den hier vorkommenden Orchideen schaden). Weiterhin soll in den nächsten Jahren eine umfangreiche Steinrückenpflege stattfinden.

Beeinträchtigungen: Die Steinbruchwiesen gehören zum Bewilligungsfeld des Steinbruchs Lauenstein, dem ja bereits ein Teil der Flächen bis Mitte der 1990er Jahre zum Opfer gefallen war. Wenngleich der Abbau seit längerem ruht, könnte der neue Eigentümer bei entsprechender Auftragslage erneut den Betrieb aufnehmen.

In den letzten zwei, drei Jahren mussten wiederholt frische Fahrspuren, vermutlich von Mopeds, auf der Wiese festgestellt werden. Diese illegalen Freizeitaktivitäten führten 2010 zu erheblichen Schäden an Knabenkrautpflanzen. Der oder die Verursacher konnten bislang noch nicht ermittelt werden.

Schutzbedürftigkeit: Der Status eines Flächennaturdenkmals soll zum einen auch künftig die naturschutzgerechte Pflege dieses wertvollen Biotopkomplexes sichern. Zum anderen kann damit unter Umständen eine Fortsetzung des Abbaus durch erneuten Steinbruchbetrieb verhindert werden.

Schutzzweck:

  • Erhaltung eines gefährdeten Biotoptyps: Bergwiese (RLS: stark gefährdet); Erhaltung einer gefährdeten Pflanzengesellschaft: Festuca rubra-Meum athamanticum-Gesellschaft (RLS: stark gefährdet); Erhaltung eines FFH-Lebensraumtyps: Berg-Mähwiese (LRT 6520) im NATURA-2000-Gebiet „Müglitztal (SCI 043E)
  • Erhaltung von Lebensräumen gefährdeter Pflanzenarten: Stattliches Knabenkraut Orchis mascula (RLS: vom Aussterben bedroht), Großes Zweiblatt Listera ovata (RLS: stark gefährdet), Große Sterndolde Astrantia major (Rote Liste Sachsen/RLS: stark gefährdet), Zittergras Briza media (RLS: gefährdet), Perücken-Flockenblume Centaurea pseudophrygia (RLS: gefährdet),  Berg-Platterbse Lathyrus linifolius  (RLS: gefährdet),  Gewöhnliches Kreuzblümchen Polygala vulgaris (RLS: gefährdet)
  • Erhaltung des artenreichen Wiesenkomplexes als wichtiges Element im regionalen Biotopverbund (Biotopverbundplanung von 1996 – 2001), insbesondere für die Erhaltung und Wiederausbreitung typischer Arten der Bergwiesen des Ost-Erzgebirges

aus: Schmiede, Ralf (2004): Vegetationskundliche Analyse und naturschutzfachliche Bewertung ausgewählter Grünlandbiotope im Osterzgebirge; Diplomarbeit, TU Dresden