Natur im Osterzgebirge

Naturschutzpolitik

Ob die typischen Pflanzen- und Tierarten auch künftig noch der Osterzgebirgslandschaft zu Hause sein können oder ob ihre Lebensräume zunehmend Asphalt und Beton, Stickstoffüberfrachtung und Versauerung, industrieller Agrarwirtschaft und anderen neuzeitlichen Entwicklungen weichen müssen – dafür werden die Weichen ganz wesentlich in Parlamenten, Ministerien und nachgeordneten Behörden gestellt. So bleibt also auch den Naturschützern nichts anderes übrig, als zu versuchen, der Biologischen Vielfalt in all den politischen Entscheidungsprozessen die notwendige Aufmerksamkeit zu verschaffen. Auch wenn umweltpolitisches Engagement nicht unbedingt zu den vergnüglichsten Beschäftigungen des Freizeitnaturschützers gehört.

Mit Unterstützung durch die Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erarbeiteten 2013/14 über sechzig sächsische Naturschutzpraktiker aus ganz Sachseneine Naturschutzkonzeption für den Freistaat. Sie diskutierten intensiv, an welchen politischen Stellschrauben gedreht, welche Hebel ganz grundsätzlich umgelegt werden müssten, um die Biologische Vielfalt der sächsischen Landschaften zu erhalten. Herausgekommen ist ein detaillierter Katalog mit ca. 250 Maßnahmeblöcken und 800 Einzelmaßnahmen, auf die die sächsische Politik Einfluss hat. Analysiert wurden die Gefährdungsursachen für heimische Tiere und Pflanzen sowie die dagegen geeigneten Strategien. Die Autoren der Studie nahmen die rechtlichen und landesplanerischen Rahmenbedingungen in den Fokus, befassten sich eingehend mit den unterschiedlichen Naturschutzinstrumenten und Naturschutzakteuren. Fürwahr ein umfassendes Kompendium für Politiker, die der Biologischen Vielfalt eine hohe Priorität einräumen.

Nur waren solche Politiker in sächsischen Regierungen lange Zeit Mangelware. Weil aber die Lage für viele Arten und deren Lebensräume inzwischen höchst prekär ist, reichte ein umfangreiches Kompendium für naturschutzwohlgesonnene Abgeordnete, Minister und Staatssekretäre längst nicht zu (bzw. überforderte die schiere Fülle selbst die mäßig aufgeschlossenen unter ihnen).

Die Naturschutzpraktiker filterten deshalb die 20 allerwichtigsten Bereiche heraus, untersetzt mit je 3 bis 7 Einzelforderungen. Diese wurden in einer kleinen Broschüre zusammengefasst, die dann die Grundlage für eine naturschutzpolitische „Initiative von unten“ wurde, partei- und verbandsunabhängig, sachsenweit.

Diese Initiative gipfelte in einer Petition mit Unterschriftskampagne „Sachsens Natur bewahren!“. Auch wenn die Petition – erwartungsgemäß – von der Landtagsmehrheit abgelehnt wurde, blieb sie nicht ganz ohne Wirkung. Die danach beschlossene Förderung von Naturschutzstationen in Sachsen geht im Wesentlichen darauf zurück.

Doch grundsätzlich gab es wenig Hoffnungsgründe für mehr und besseren Schutz der Natur in Sachsen, damals.

Inzwischen ist ganz viel passiert, womit noch vor fünf Jahren kaum zu rechnen war: fridays for future, Insekten-Volksbegehren in Bayern, grüne Regierungsbeteiligung selbst in Sachsen. So viel Hoffnung für Biologische Vielfalt war lange nicht!

Es wäre allerdings verfehlt zu glauben, jetzt würde schon automatisch „alles gut“. Natur und Naturschutz benötigen weiterhin eine starke Lobby. Jetzt vielleicht sogar mehr denn je.

Der von den Regierungsparteien CDU, Bündnis 90 / Die Grünen und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag bleibt sicher weit hinter dem zurück, was für die Bewahrung vieler Arten eigentlich vonnöten ist. Und dennoch bietet er zahlreiche Ansatzpunkte. Nur bedarf es eben energischen Handelns, um an diesen Punkten anzusetzen!

Hier findet sich eine kleine Analayse der Aussagen des Koalitionsvertrags, im Vergleich zu den Kernforderungen der Naturschutzpraktiker von 2014:

(für detailliertere pdf bitte Bild anklicken)