Text: : Jan Kotěra, Teplice; ; Čestmír Ondráček, Chomutov; Jens Weber, Bärenstein (Ergänzungen von Werner Ernst, Kleinbobritzsch)
Die Kontraste zwischen Natur und Industrie könnten kaum größer sein als bei Litvínov/Oberleutensdorf! Schöne Berglandschaft mit Laubmischwäldern und Bergwiesen grenzt hier unmittelbar an die menschengemachte "Mondlandschaft" gigantischer Tagebaue, umgeben von Chemiefabriken, Großkraftwerken und Plattenbaustädten. Die historischen Siedlungen und die einstmals reizvolle Natur des Nordböhmischen Beckens sind größtenteils der fortschreitenden Braunkohleförderung zum Opfer gefallen. Selbst vor der alten Königsstadt Most/Brüx machte der Bergbau nicht Halt. Nur wenige Kulturdenkmäler - wie die 1975 auf Rollen aus dem Tagebaugebiet herausgeschobene Maria-Himmelfahrt-Kirche in Most/Brüx oder die Wallfahrtskirche von Mariánské Radcice/Maria-Ratschitz - konnten gerettet werden.
Das Gesicht der Landschaft zwischen Litvínov und Most wird - abgesehen von den Tagebauen - durch den acht Quadratkilometer großen Industriekomplex von Chemopetrol (seit 2007: "Unipetrol") in Záluží/Maltheuern sowie das Braunkohlekraftwerk Komorany/Kommern geprägt.
Mit der Vernichtung der traditionellen Kulturlandschaft ging in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vielerorts die Schaffung sozialistischer Siedlungsstrukturen einher. So wurde in den 1950er/60er Jahren anstelle des einstigen Dorfes Schönbach die Modellstadt Meziborí aus dem Boden gestampft. In der "Stadt der Jugend" sollten vorrangig Berufsausbildungsmöglichkeiten geboten werden. Auch in Litvínov/Oberleutensdorf (Niederleutensdorf musste der Kohle weichen) ließen die Machthaber einen großen Teil der historischen Bausubstanz zerstören, um an deren Stelle vermeintlich fortschrittliche Plattenbauarchitektur zu verwirklichen. Geblieben sind bis heute gravierende soziale Probleme in der zwar hochindustrialisierten, aber dennoch von hoher Arbeitslosigkeit betroffenen Region Nordböhmen.
Naturfreunde, die sich nicht gerade der - durchaus interessanten - Rohbodenvegetation auf den Tagebaukippen widmen wollen, sollten ihre Schritte besser bergauf lenken: der steile Südabhang des Erzgebirges und vor allem die darin eingeschnittenen, schluchtartigen Täler bieten sehr reizvolle Natur. Allerdings ist selbst hier das Dröhnen der Chemiefabriken, das Quietschen der Kohlebagger und das Rasseln der Güterzüge weithin zu vernehmen. Trotzdem belohnen dichte Laubmischwälder und (auf der tschechischen Seite des Ost-Erzgebirges ansonsten heute seltene) Bergwiesen den Wanderer, der im südwestlichen Winkel des Ost-Erzgebirges unterwegs ist.
Oberhalb von Litvínov ist das tschechische Erzgebirge auch heute noch vergleichsweise dicht besiedelt. Zwar wurde auch hier die angestammte deutschböhmische Bevölkerung nach 1945 vertrieben, aber im Gegensatz zum Teplitzer Raum ging in dieser Gegend kaum eine Ortschaft vollständig zugrunde. Heute bieten einige der Bergdörfer eine interessante Alternative zum Leben in den Städten. Ein Beispiel dafür ist die alte Bergstadt Hora Svaté Kateriny/Katharinaberg. In Klíny/Göhren entwickelte sich ein regional bekanntes Wintersportzentrum, das mit dem am Bournák/Stürmer (bei Mikulov/Niklasberg) konkurriert. Dem Ausbau als Freizeit- und Erholungsregion dient die sehr gute Erreichbarkeit aus Richtung Litvínov und Most sowie der Grenzübergang Mníšek/Einsiedl.
Seit Menschen nördlich und südlich des Erzgebirges siedelten, herrschte in dieser Gegend Verkehr. Fast das gesamte Kammgebiet zwischen Komárí hurka/Mückenberg im Nordosten und Kraslice/Graslitz bzw. Klingenthal im Südwesten erhebt sich über die 800-Meter-Höhenlinie, z.T. sehr beträchtlich. Im Gebiet von Mníšek/Einsiedel jedoch bietet sich in 750 m üNN ein vergleichsweise einfach zu überquerender Pass, den Händler ("Alte Salzstraße"), Kriegstruppen, Siedler und Beamte gleichermaßen nutzten.
Südwestlich dieses Einsiedler Passes steigt der Erzgebirgskamm wieder bis auf fast genau 800 Meter (Vetrný vrch/Käsherdberg) an, um dann kurz vor Nová Ves v Horách/Gebirgsneudorf mit rund 720 m üNN seine tiefste Einsattelung zu erreichen. Dieser "Pass von Gebirgsneudorf" ist Bestandteil einer größeren tektonischen Störungszone (südöstliche Forstsetzung des Flöhagrabens) und gilt als Grenze zwischen Ost- und Mittleren Erzgebirge. Zu letzterem gehört bereits der sich mächtig über Nová Ves v Horách/Gebirgsneudorf, Deutschneudorf und Hora Svaté Kateriny/Katharinaberg erhebende Höhenzug Lesenská plan/Hübladung (921 m) - Lišcí vrch/Adelsberg (905 m) - Medvedí skála/Bärenstein (924 m).
Einstmals - im Tertiär - strömten träge Flüsse vom Böhmischen Massiv in Richtung Nordwesten, speisten dort unter anderem die großen Braunkohlesümpfe im Leipziger Raum. Doch dann wurde die Erzgebirgsscholle angehoben. Dieser tektonische Prozess zog sich zwar über einige Jahrmillionen hin, verlief aber dennoch viel zu rasch, als dass die Erosionskraft der alten Flüsse hätte Schritt halten können. Sie stauten sich vor der neuen Mauer, bildeten von nun an bereits in Nordböhmen Braunkohlesümpfe, schwenkten dann nach Osten in Richtung Elbe um. Diese hatte ihr altes Tal beibehalten können, denn die geologische Störungszone zwischen Erzgebirge und Lausitz war nicht mit angehoben worden. Der Erzgebirgskamm ragte mehr als tausend Meter über die Sohle des Nordböhmischen Beckens. Diesen Höhenunterschied hat die seitherige Abtragung (oben) und Ablagerung (unten) auf - immer noch beachtliche - 500 bis 600 Meter schrumpfen lassen. Die höchsten Gipfel des Erzgebirges liegen mehr als 1200 Meter über dem Meeresspiegel (Klínovec/Keilberg 1244 m; Fichtelberg 1214 m). Diese befinden sich jedoch im Mittleren Erzgebirge, während es das Ost-Erzgebirge "nur" bis auf 956 m (Loucná/Wieselstein) schafft. Die durchschnittliche Kammhöhe liegt bei über 850 m über Meeresniveau, und selbst die meisten Pässe überqueren das Gebirge oberhalb der 800-Meter-Linie. Ausnahmen davon bilden die nordöstliche bzw. südwestliche Flanke (Nollendorfer Pass bzw. Grasslitzer Pass) sowie das Sattelgebiet bei Gebirgsneudorf und Einsiedel (Einsiedler Pass).
Wahrscheinlich vor etwa viertausend Jahren begannen Menschen, nördlich und südlich des Erzgebirges zu siedeln. Über die Lebensweise dieser Altvorderen ist wenig bekannt, noch weniger über ihre Reisegewohnheiten. Dennoch ist anzunehmen, dass auch die Bronzezeitmenschen den Weg des geringsten Widerstandes gingen, wenn sie von einer Seite des Erzgebirges auf die andere Seite wollten oder mussten. Einige Gegenstände zumindest haben sie hinterlassen, beispielsweise am Weg zum Nollendorfer Pass im Nordosten.
Einer der ersten Passüberquerer in der Nach-Christi-Zeit soll im Jahre 17 u.Z. der Markomannenkönig Marbod gewesen sein. Die "Männer auf Pferden" lebten damals in Böhmen. Marbod zog mit einigen zehntausend Kriegern ins Saalegebiet, um sich mit dem Cheruskerfürsten Arminius über die Vormacht im alten Germanien zu streiten. Acht Jahrhunderte später ließ Karl der Große ein Heer über das Erzgebirge ziehen, und im Jahr 929 war Heinrich I. hier auf Eroberungszug. Viele weitere Kriegstruppen zogen in den nachfolgenden Jahrhunderten über das Erzgebirge: Husitten gegen sächsische Landsknechte, Schweden gegen Kaiserliche, Österreicher gegen Preußen, Napoleons Franzosen gegen "die Verbündeten", deutsche Wehrmacht gegen die Tschechoslowakei, Rote Armee gegen Waffen-SS, Warschauer Pakt gegen Prager Frühling.
Aber es waren nicht nur Menschen mit kriegerischen Absichten auf dem Weg über das Erzgebirge. In manchen Jahren sollen zehntausende Pilger zur Wallfahrtskirche Mariaschein/Bohosudov geströmt sein. Der erste knappe Bericht eines Handelsreisenden stammt aus der Feder des arabischen Kaufmannes Ibrahim Ibn Jakub. Er war im Jahre 965 auf einer der so genannten Salzstraßen unterwegs. Hier wurde unter anderem das kostbare Konservierungsmittel und Gewürz aus den Salinen von Halle über Oederan, Sayda, Most/Brüx nach Prag transportiert. Sein Weg führte mit hoher Wahrscheinlichkeit über den Einsiedlerpass, doch explizite urkundliche Erwähnung fand dieser Übergang erst rund 200 Jahre später.
Mit der planmäßigen Landeskolonisierung im 12. Jahrhundert, die auch die unteren nördlichen Erzgebirgslagen erfasste, sowie den dabei erfolgten Freiberger Silberfunden setzte eine verstärkte Handelstätigkeit ein. Sowohl von Norden als auch von Süden her wurden Siedler in die Gegend geholt, die den Wald rodeten, Dörfer anlegten und nach Erz schürften. Der bis dahin kaum erschlossene "Böhmische Wald" - so nannte man damals das Erzgebirge - wurde durchlässig. Die neuen Bewohner am rauen Erzgebirgskamm waren einerseits auf Lebensmittellieferungen aus dem böhmischen Niederlande angewiesen, andererseits rollten Wagenladungen mit Silber-, Kupfer- und Zinnerzen, außerdem Holz und Holzkohle, zu Tale. Neben den redlichen Händlern gab es natürlich auch nicht wenige Schmuggler ("Pascher").
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts verliefen die "Straßen" (eigentlich hatten die kaum befestigten Wege nicht viel gemein mit unseren heutigen Vorstellungen von einer "Straße") vor allem über die Höhenrücken zwischen den Tälern bis zu den Sätteln am Gebirgskamm. Doch steile Talquerungen waren nicht überall zu vermeiden, und vor allem der schroffe Südabhang stellte Fuhrknechte und Zugpferde vor schwierige Herausforderungen. Die großen Wagenräder gruben sich in den Boden, und besonders nach Regenfällen kamen sie nicht selten auch ins Rutschen oder blieben im Matsch stecken. Der nachfolgende Kutscher suchte einen Weg um das Hindernis herum, und so entstand jeweils ein Bündel von Hohlwegen, deren Reste man heute noch hier und da in der Landschaft entdecken kann. Große Probleme stellten die in früheren Jahrhunderten noch viel strengeren Winter dar ("Kleine Eiszeit": 15. bis 19. Jahrhundert). Schneestürme und meterhohe Verwehungen machten viele Pässe monatelang unpassierbar.
Im 18. Jahrhundert verbesserte sich die Wegesituation etwas, als die wichtigsten Passstraßen vermessen, markiert und ausgebaut wurden. Das galt zum Beispiel für die "Dresden-Teplitzer Poststraße", die am Geierspass (in der Nähe des Komárí hurka/Mückenberges) das Gebirge überquerte. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert erfolgte die Anlage und Befestigung von Straßen in den Tälern, während die meisten Höhenwege in Vergessenheit gerieten (nur bei Hochwasserereignissen wie 2002 erinnert man sich daran, warum früher die Wege da oben verliefen). Damit verloren auch manche Pässe an Bedeutung - wie der Geierspass: der Grenzübergang in Fürstenwalde wurde 1860 geschlossen. Andere kamen neu hinzu (Zinnwald) oder wurden ausgebaut. Über die Pässe von Hrob/Klostergrab, Reitzenhain - Hora Sv. Šebestiána/Sebastiansberg, Weipert/Vejprty und Kraslice/Grasslitz querten ab Ende des 19. Jahrhunderts Eisenbahnen das Erzgebirge. Vor dem Ersten Weltkrieg erreichte der grenzüberschreitende Handel einen Höchststand. Eine kurze Phase noch intensiveren Austausches zwischen Nord- und Südseite brachte der Anschluss des Sudetenlandes an Deutschland mit sich.
Nach 1945 schlossen fast alle Grenzübergänge, die Straßen und Eisenbahnverbindungen wurden unterbrochen. Die Passübergänge spielten keine Rolle mehr, zumal nach der Vertreibung der deutschsprachigen Kammbewohner das tschechische Erzgebirge nur noch von wenigen Menschen bewohnt wurde. Erst in den 1970er Jahren ging mit der Abschaffung des Visazwanges eine zögerliche Normalisierung einher, in deren Folge auch einige alte Pässe wieder an Bedeutung gewannen (Nollendorfer Pass: Eröffnung Grenzübergang Bahratal 1976; Reitzenhainer Pass: Grenzöffnung 1978). Über den Einsiedler Pass (Grenze noch bis 2002 für Pkw geschlossen) wurden die Erdgasleitung "Nordlicht" und später eine Äthylenleitung zwischen den Chemiezentren Litvínov und Böhlen verlegt.
Nach der "Wende" stieg der Grenzverkehr sprunghaft an, sowohl was Pkw-Reisen als auch Lkw-Transporte betrifft. Die Ostflanke des Erzgebirges wurde von den Verkehrsplanern zu einem europäischen Transitkorridor auserkoren. Tausende Laster überquerten bis 2006 täglich den Zinnwalder Pass, seit der Fertigstellung der Autobahn über den alten Nollendorfer Pass/ Naklérovský prusmyk jetzt dort noch deutlich mehr. Mehrere Straßen-Grenzübergänge wurden wiedereröffnet. Nicht nur für Konsumtouristen bieten sich jetzt viele Möglichkeiten, sondern auch für Menschen, die Natur und Bewohner des Nachbarlandes kennenlernen wollen. Gleichzeitig aber beeinträchtigt die motorisierte Flut auf einigen Pässen ganz erheblich den Erlebniswert der Landschaft.
Mit dem vollständigen Wegfall der Grenzkontrollen Ende 2007 können naturinteressierte Wanderer jetzt an jeder beliebigen Stelle die Seite wechseln. Ein Traum ist wahr geworden. Doch bitte Vorsicht! Seltene und scheue Tiere, allen voran das Birkhuhn, haben in den letzten Jahrzehnten hier dank der Abgeschiedenheit überleben können. Mit der neuen Freiheit sollten wir sehr behutsam umgehen.
Sehr abrupt schließen sich die Südosthänge an das Kammplateau an. Zwischen dem höchsten Berg des Ost-Erzgebirges, dem 956 m hohen Loucná/Wieselstein, und der Stadt Litvínov beträgt der Höhenunterschied 600 Meter - auf einer Entfernung von nur 4,5 Kilometern. Darüberhinaus sind die ohnehin steilen Hänge durch tief eingeschnittene Bergbachtäler gegliedert. Für ihren Verlauf haben sich die Gewässer teilweise tektonische Störungszonen gewählt. Extrem schroff ist der Erzgebirgsabbruch zwischen Horní Jiretín/Obergeorgenthal und Jirkov/Görkau. Der Effekt wird hier noch durch einen tiefen Tagebau verstärkt, der sich zu Füßen des historischen Schlosses Jezerí/Eisenberg bis in die Fundamente des Erzgebirges hereinfrisst. Rund um das Schloss erstreckt sich das Naturschutzgebiet Jezerka, eines der artenreichsten Waldgebiete der Region (dies gehört jedoch schon nicht mehr zum Ost-Erzgebirge). Die Kontraste der Region manifestieren sich hier auf wenigen Quadratkilometern in der extremstmöglichen Weise.
Kontrastreich ist nicht nur das Landschaftsbild zwischen Erzgebirge und Nordböhmischem Becken, sondern auch das Klima. Auf dem Kamm erreicht die Jahresdurchschnittstemperatur kaum 5 0C und ermöglicht im Winter meist hervorragende Skibedingungen, während in der Umgebung von Most/Brüx knapp 9 0C gute Bedingungen für Weinbau bieten. Wie eine Mauer bildet das Erzgebirge darüber hinaus einen ausgeprägten Regenschatten. Während auf dem Kamm pro Quadratmeter jährlich rund 900 Liter Niederschlag fallen, beträgt die Regenmenge im Tal der Bílina/Biela nur 500 mm (und weiter südlich sogar weniger als 450 Liter - das Ohre-/Egertal bei Louny/Laun zählt zu den trockensten Gebieten Mitteleuropas).
Der Erzgebirgskamm bildet auch eine wichtige Wasserscheide. Die Bäche, die nach Süden strömen, eilen durch schroffe Täler dem Nordböhmischen Becken zu. Dort werden sie dann ihres Bach-Charakters beraubt und komplett in künstliche Kanäle oder gar Rohre gezwängt. Über den im Braunkohlegebiet ebenso vergewaltigten Fluss Bílina/Biela fließt das Wasser zur 55 Kilometer entfernten Elbe. Die wichtigste Bäche oberhalb von Litvínov heißen (von West nach Ost): Jiretínský potok/Ruttenbach, Loupnice/Hammergrundbach mit der Talsperre Janov/Johnsdorf (Mostecká prehrada/Brüxer Talsperre), Bílý potok/Rauschengrundbach bzw. Floßbach, Divoký potok/Wildbach, Radcický potok/Ratschitzer Bach, Lomský potok/Brucher Bach und Loucenský potok/Ladunger Bach. Der längste Bach ist der Bílý potok, der im Bereich des Cerný rybnik/Schwarzen Teichs entspringt und bis zur Mündung unterhalb Záluží/Maltheuern 15 km fließt.
Den geologischen Untergrund des Gebietes bilden überwiegend Granitgneise, die auf dem Hochplateau nur schwer landwirtschaftlich nutzbare Podsol- und Stagnogleyböden hervorbringen. Nur an der geografischen Grenze zwischen Ost- und Mittel-Erzgebirge, der Fortsetzung der Flöhastörung, zieht sich ein Streifen Graugneis zwischen Katharinaberg und Obergeorgenthal über den Kamm. Dort ist das Waldhufendorf Nová Ves v Horách/Gebirgsneudorf angelegt, und da verläuft auch die tiefste Einsattelung des Erzgebirges.
Bei Litvínov nimmt auch der lange, nach Norden gerichtete Granitporphyrzug seinen Anfang, der unter anderem den fünf Kilometer nördlich sich erhebenden Wieselstein trägt (südlich der Stadt ist der Granitporphr - wie auch alle anderen Erzgebirgsgesteine - unter den Sedimenten des Nordböhmischen Beckens verborgen). Erwähnenswert sind noch die beiden kleinen Phonolith-Vorkommen, die zwischen Litvínov und Meziborí in ehemaligen Steinbrüchen abgebaut wurden. Der aus tertiären Vulkanen hervorgegangene "Klingstein" ist im Böhmischen Mittelgebirge weit verbreitet, findet sich im Ost-Erzgebirge aber nur hier.
Auf dem südöstlichen Erzgebirgshang befinden sich noch umfangreiche Laubmischwälder, vorzugsweise Buchenwälder mit charakteristischem Unterwuchs. Man findet hier oft Waldmeister, Wald-Bingelkraut, Lungenkraut, Buschwindröschen, Fuchs-Kreuzkraut, Draht-Schmiele, Hain-Rispengras, Heidelbeere, Schmalblättrige Hainsimse u.a.. Auf den Waldlichtungen trifft man Schmalblättriges Weidenröschen und stellenweise Roten Fingerhut. Viel seltener wachsen hingegen Alpen-Milchlattich und Wald-Geißbart, sowie die geschützten Arten Türkenbundlilie und Mondviole. Im Talgrund ist stellenweise der Bär-Lauch häufig, der den Besucher von weitem mit seinem charakteristischen Duft anlockt. Seine hübschen, weißlichen Blüten kann man schon im zeitlichen Frühjahr erblicken. Die rosa Blüten des Seidelbastes verströmen ebenfalls einen intensiven Geruch und kündigen im März den nahen Frühling an. Besucher mit Kindern sollten ihre jungen Wandergefährten im Sommer allerdings vor den roten Beeren des giftigen Strauches warnen. Auch die schwarzen Früchte der Einbeere, die hier ebenfalls wächst, sind giftig.
Die Wälder auf den Oberhängen und auf der Hochebene wurden schon seit 16. Jahrhundert intensiv ausgenutzt und später in Fichten-Monokulturen verwandelt. Die Gewöhnliche Fichte erwies sich als wirtschaftlich günstigste Baumart, da sie relativ schnell wächst und vielfältig verwendbares Holz liefert. Die Monokulturen leiden aber immer wieder unter Witterungseinflüssen (Raufrost, Schneestürme, Windbrüche) und Schädlingen. Zu einer Katastrophe kam es in den 60er Jahren des 20. Jahrhundert mit den zunehmenden Abgasen aus dem nordböhmischen Industrie-Becken. Die absterbenden Fichtenbestände wurden danach durch widerstandfähigere Baumarten ersetzt - darum finden wir hier heutzutage ausgedehnte Bestände der nordamerikanischen Stech-Fichte. Die Pflanzung dieser Exoten war jedoch nicht immer erfolgreich, und so erfolgte parallel dazu die Aussaat von Birken. An einigen Stellen wurden auch strauchförmige Berg-Kiefern gepflanzt, und wo es die Wildbestände erlaubten, konnten auch Ebereschen wachsen. Im Gegensatz zu der mit großem Aufwand betriebenen Wiederaufforstung auf der deutschen Seite bilden die jungen Gehölze auf der tschechischen Seite ein wesentlich vielfältigeres Bild mit größeren Lichtungen. Mit zunehmender Luftsauberkeit halten heute auch die ursprünglich heimischen Arten (Rot-Buche, Gewöhnliche Fichte, stellenweise auch Berg-Ahorn) wieder allmählich Einzug. Es wird trotzdem noch lange Jahrzehnte dauern, bis die Wälder wieder gesund werden.
Im Umfeld der Bergdörfer oberhalb von Litvínov/Oberleutensdorf trifft der Wanderer auch heute noch auf einige sehr schöne Bergwiesen, bei denen es sich allerdings nur um kleine Reste früher viel artenreicherer Heuflächen handelt. Alle Dörfer sind nur von kleineren Wiesen und Weiden umgeben, der größte Teil der Landschaft ist bewaldet. Dank ihrer geringen Flächenausdehnung blieben sie von Melioration, Umbruch oder der Einsaat von Hochleistungs-Futtergräsern verschont. Die für die Existenz der meisten Bergwiesenarten unverzichtbare regelmäßige Bewirtschaftung (Mahd + Beweidung) kam in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts jedoch vielerorts zum Erliegen. Die Wiesen wurden - und werden - nur noch ab und an gemäht, und dies nicht selten zu einem ungeeigneten Zeitpunkt. Viele blieben auch völlig ungenutzt. Die bunten Bergwiesen wandelten sich allmählich um in artenarmes, von Gräsern dominiertes Brachland.
Typische Pflanze ist vielerorts immer noch der Bärwurz. Dessen kräftig grüne, tief gefiederte Blätter schieben sich im zeitigen Frühjahr durch das Braun der niedergedrückten vorjährigen Gräser, und im Mai prägen die weißen Doldenblüten die Wiesen. Wegen seines charakteristischen Aromas wurde der Bärwurz seit langem als Gewürz und Schnapszusatz verwendet, auch als Heilpflanze war er im Gebrauch ("Bär"wurz = gebären).
Heute steht der Bärwurz in Tschechien unter Naturschutz. Dies gilt auch für eine andere einstmalige Charakterart der Erzgebirgswiesen, die Arnika. Diese verträgt jedoch - anders als der Bärwurz - das Brachfallen von Wiesen überhaupt nicht und kommt heute deshalb nur noch in wenigen Restbeständen vor. Zu den schönsten Blütenpflanzen des Gebietes zählt die Perücken-Flockenblume, die ihre großen rosa Blüten im Frühsommer entfaltet. Eine weitere typische Bergwiesenart ist der Weiche Pippau. Die Gräser sind durch Draht-Schmiele, Rotes Straußgras, Wiesen-Rispengras, Ruchgras und, an abgelegenen Stellen, Borstgras vertreten.
Im Südwesten des Ost-Erzgebirges lebt eine typische mitteleuropäische Waldfauna. Dazu zählt neben Wildschwein und Rothirsch auch das heute europaweit gefährdete Birkhuhn. Auf Waldlichtungen und in den Mooren des Erzgebirgskammes kann man Waldeidechsen und (seltener) Kreuzottern treffen. Vereinzelt kommt auch noch das Haselhuhn vor. In diesem Gebiet wurden in der Vergangenheit Mufflons ausgesetzt, oberhalb des Schlosses Jezerí/Eisenberg im 19. Jahrhundert auch Damhirsche.
In den naturnahen Tälern oberhalb Litvínov (Rauschengrund und andere) lebt eine sehr artenreiche Fauna: unter anderen findet man hier Bergmolch, Feuersalamander, Erdkröte, Blindschleiche, Schwarzstorch, Zwergschnäpper und Waldschnepfe. In einem Bergbach kommt noch das stark gefährdete Bachneunauge vor. In den Quellgebieten existieren außerdem artenreiche Gesellschaften wirbelloser Tiere.
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