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Kloster Osek/Ossegg


Kloster Osek

Ein Besuch des Klosters von Osek ist nicht nur ein unbedingtes Muss für Kultur- und Geschichtsinteressierte, sondern lohnt sich auch für Naturfreunde. Hinter den altehrwürdigen Klostermauern verbergen sich eine Gartenanlage und eine Streuobstwiese von enormer Ausdehnung.

Slavko der Große (Herr von Hrabischitz), Kämmerer des böhmischen Königreichs und Burggraf in Bilin, lud den Zisterzienser-Orden aus dem oberpfälzischen Waldsassen ein, hier in Nordböhmen ein Kloster zu gründen. Im Jahre 1196 entstand somit das Kloster Osek. Von hier aus erfolgte die Inkulturnahme der weiten Sümpfe des Nordböhmischen Beckens und ebenso die Gründung von Siedlungen jenseits des Erzgebirgskammes. Die nachfolgenden Jahrhunderte brachten viele Höhen und Tiefen für das Kloster und dessen Ausstrahlung auf die Region. Hussiten überfielen und verwüsteten das Kloster, und in der nachfolgenden Zeit führte die Verschuldung sogar zur vorübergehenden Auflösung. 1626 kehrten die Zisterzienser zurück, eine sehr erfolgreiche Epoche begann. Zur grössten Blüte kam es paradoxerweise nach dem Dreißigjährigen Krieg mit dem vier Jahrzehnte langem Wirken des Abtes Laurentius Scipio. Die Abtei wuchs und wurde reich. Die im Krieg ausgebrannte Kirche konnte erneuert werden, Wirtschaftsgebäude und Werkstätten wurden gebaut. Westlich vom Kloster entstand ein großer Obst- und Gemüsegarten.

An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert bekam der Gebäudekomplex durch Umbauten und Erweiterungen seine heutige Barock-Gestalt. Die wichtigsten Arbeiten erfolgten unter Giulio und Octavian Broggio, zwei berühmten Baumeistern italieneischer Herkunft. Ab 1726 wurden die grossen Barockgärten angelegt.

Das Kloster musste noch eine weitere kritische Epoche überwinden. Mit den Reformen des Kaisers Josef II. war es von Untergang bedroht. Dem damaligen Abt gelang es aber, die Abtei zu bewahren - als eine von nur zwei Zisterzienser-Abteien in Böhmen. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich das Kloster Osek zu einem Zentrum der Literatur und Wissenschaft, des sozialen und kirchenpolitischen Engagements, und auch wirtschaftlich war es sehr erfolgreich. Eine Agrarreform zwang 1921 zur Verkleinerung der Klostergrundstücke.

Nach dem Zweiten Weltkrieg schien es, als sei die mehr als 700-jährige Geschichte der Zisterzienser in Osek zu Ende. Die deutschen Mönche wurden interniert und dann nach Deutschland und Österreich ausgewiesen. Bis 1950 lebten Salesianer im Kloster, dann wurde es als Internierungslager für Ordenspriester und ab 1953 für Nonnen verschiedener Orden missbraucht.

Die Zisterzienser sind zurückgekommen - nach langen 46 Jahren. Seit 1991 übt wieder ein Abt sein Amt aus. Die anstehenden Arbeiten zum Erhalt und zur Sanierung der lange vernachlässigten Klosteranlagen scheinen kaum zu bewältigen zu sein. Doch viele Menschen helfen heute freiwillig, und es stellen sich auch Erfolge ein. Weithin sichtbar ist inzwischen wieder die renovierte Fassade der barocken Klosterkirche. Ein tschechischer und ein deutscher Freundeskreis unterstützen und organisieren die Aktivitäten zur Sanierung des großen Klosterkomplexes.

Eine Arbeitsgruppe des deutschen Freundeskreises widmet sich der Erhaltung und Rekonstruktion der Gartenanlagen. Auf ihrer Internetseite stellen die vorrangig aus dem Annaberger Raum stammenden Partner des Klosters das außergewöhnliche Ensemble von Barockanlagen und Streuobstwiesen vor:

"Die Gärten im Kloster Osek - ein Beispiel harmonischer Symbiose zwischen Mensch und Natur"

Neben der Bausubstanz aus acht Jahrhunderten ist es vor allem das hochkarätige gartenkünstlerische Erbe, auf dem die kulturhistorische Bedeutung und die besondere Ausstrahlung der Abtei Osek gründen. Im Gegensatz zu vielen anderen vergleichbaren Anlagen sind hier neben den Klostergebäuden auch die Gärten in ihrer baulichen Substanz und Dimension nahezu vollständig erhalten. Betrachten Sie die historische Vedute aus dem Jahr 1738 und Sie werden die meisten architektonischen Elemente auch heute im Original wiederfinden. Gärten existierten in Osek seit der Gründung des Klosters im 12. Jahrhundert. Nach wie vor erlebbar ist der mittelalterliche Raumeindruck des Paradiesgartens inmitten des gotischen Kreuzganges. Die mittelalterlichen Obst-, Gemüse- und Kräutergärten des Klosters sind heute nicht mehr nachweisbar. Die frühen Traditionen des Obstbaus und der Karpfenzucht sind in Osek aber noch immer lebendig.

Vor allem in den großen repräsentativen Gartenanlagen vom Beginn des 18. Jahrhunderts finden Einfluss und ökonomische Stärke des Klosters ihren Ausdruck. Unter Abt Hieronymus Besnecker entstanden seit 1726 der Abtgarten, der Konventgarten und der Novizengarten, die reich ausgestattet mit Pavillons, Wasserbecken, Fontänen, Parterres und Figurenschmuck ihren weltlichen Nachbarn in keiner Weise nachstehen. Ein großzügiger Obstgarten versorgt die Abtei bis heute mit frischen Früchten.


Helfer der Grünen Liga Osterzgebirge bei der Apfellese im Klostergarten von Osek

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die barocken Schmuck-Parterres im landschaftlichen Stil umgestaltet, die baulichen Anlagen, axialen Verbindungen und Sichtbeziehungen blieben jedoch erhalten. In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts präsentierte sich der Abtgarten wieder formal mit geschnittenen Kastanien, Buchskugeln, Rosenbeeten, Lindenalleen und bunt bepflanzten kreisrunden Schmuckbeeten.

Letzte Umgestaltungen der Gärten sind aus den Jahren 1923 bis 1926 belegt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges verliert das Kloster seine wirtschaftliche Grundlage und wurde zum Opfer einer verfehlten Politik, die auch die Gärten nicht verschonte. Die in Osek internierten Nonnen nutzten die Flächen des Konventgartens zum Obst- und Gemüseanbau, konnten sich der Pflege der historischen Substanz aber kaum widmen.

Die Gärten verwahrlosten zusehends. Nachdem das Kloster 1964 zum Kulturdenkmal ernannt wurde, begann die Staatliche Denkmalpflege in den 1970er Jahren mit groß angelegten Renovierungsarbeiten, die jedoch mit der Wende abrupt endeten und einen bis heute weitgehend ausgeräumten Abtgarten hinterließen. 1995 wurde das Kloster mit seinen Gärten zum Nationaldenkmal der Tschechischen Republik erhoben.

Der großartige architektonische Rahmen der barocken Gärten blieb trotz vieler Umgestaltungen und Vernachlässigung bis heute erhalten. Fehlende kontinuierliche Pflege führte jedoch in den vergangenen Jahrzehnten zum Verfall des gartenarchitektonischen Erbes. Vordringliche Aufgabe ist nun der Erhalt der historischen Substanz." (www.kloster-projekte-osek.info/deutsch/d_gaerten.htm)

Zum Klosterkomplex gehört auch ein wohl durchdachtes Wassersystem aus offenen Kanälen und Gräben, das der Wasserversorgung und Gartenbewässerung diente, und dabei die Gestalt des Areales wesentlich mitformte. Es wurde zur gleichen Zeit und im Zusammenhang mit den barocken Gärten angelegt. Das notwendige Wasser lieferten der in der Nähe vorbeifließende Osecký potok/Ossegger Bach (= Eulenbach) sowie im Klosterbereich selbst anstehende Quellen. Das Wasser wurde in mehreren Teichen gesammelt und durch ein ausgeklügeltes Grabensystem geführt - ein technisches Unikat und Beweis für die Fertigkeiten der Zisterziensermönche. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts diente das System zur Trinkwasserversorgung des Klosters. Als es noch voll funktionsfähig war, verteilten die unterirdischen Stollen und Kanäle das Wasser im gesamten Klosterareal. Zum Abschluss wurde es noch durch Reinigungs- und Zierteiche geleitet.

Bei einem Besuch des Klosters lohnt es sich unbedingt, einen der Bewohner oder Angestellten zu bitten, das Wassersystem zu erläutern. Man wird staunen über eine Kaskade mit zwei wasserspeienden Pferden inmitten der Stützmauer zwischen zwei Terrrassen, über Springbrunnen, die die Nebenachsen des Garten akzentuieren, oder über große Wasserbecken im oberen Abtgarten, die die Atmosphäre des Gartens wesentlich mitprägen.

Leider ist von diesem Entwässerungssystem nur ein kleinerer Teil erhalten, der größere wurde im Jahre 1978 durch eine getrennte Abwasser- und Regenwasserkanalisation ersetzt. Die Gesamtlänge der Kanäle und Gräben vor dieser Umbildung betrug 1.700 Meter, von denen heute nur noch 674 Meter vorhanden sind. Auch die Funktionalität des Systems wurde durch den Umbau wesentlich gestört. Heute bemühen sich die Mönche zusammen mit der Stadtverwaltung, Finanzen für die Rekonstruktion dieses technischen Denkmals zu besorgen.

Während die Klosterkirche und deren Vorplatz öffentlich zugänglich und auch unangemeldete Touristen hier immer willkommen sind, sollte man sich für einen Besuch der Gartenanlagen vorher anmelden.

Dies gilt beispielsweise auch für Teilnehmer am Ulli-Uhu-Spiel der Grünen Liga Osterzgebirge. Hier im Kloster Osek/Ossegg gilt es, den Namen einer der häufigsten Apfelsorten der Region in Erfahrung zu bringen. Leider wurde die entsprechende Informationstafel vorm Klostereingang entwendet, aber die Angestellten der städtischen Tourismus-Information, gegenüber der Kirche, können Auskunft geben und drücken auch die zugehörigen Stempel in die Spielpässe der jungen Ulli-Uhu-Freunde.


Linden an der Klostermauer

Außerhalb der Klostermauern sind zwei eigenartig geformte, knapp 100jährige Linden als Naturdenkmal geschützt. Sicher wurden einstmals von Gärtnern die Zweige der noch jungen Bäumchen nach außen gespannt. Weitaus bekannter hingegen ist ein anderes Oseker Baumdenkmal (bzw. was davon noch übrig ist). Im Nordteil der Stadt befindet sich der Torso einer Eiche, die vermutlich viele hundert Jahre hinter sich hat. Eine vermutlich im Barock entstandene Legende über die Gründungszeit des Klosters Osek nimmt Bezug auf diesen denkwürdigen Baum. Die ersten Mönche hatten nach dieser Geschichte eigentlich diesen Platz für die Anlage ihres Klosters auserkoren. Doch eine hundertjährige Eiche stand ihnen im Wege. Aus Ehrfurcht vor der Schöpfung griffen die frommen Zisterzienser nicht zur Axt, sondern wählten einen neuen Bauplatz, das heutige Klostergelände. Die Eiche konnte weiter wachsen, Pilger verehrten den majestätischen Baum auf ihren Prozessionen, und selbst heute noch werden die hohlen Reste des denkwürdigen Naturdenkmales bewahrt.

Zisterzienser im Ost-Erzgebirge

Als der Meißner Markgraf immer mehr Siedler ins Land nördlich des Gebirges holen und dort immer mehr Boden urbar machen ließ, muss dies dem König von Böhmen zu denken gegeben haben. Als dabei auch noch Silber gefunden wurde und das erste "Berggeschrei" viele Leute ins "Obermeißnische Gebirge" (auch "Böhmischer Wald" genannt - der Begriff "Erzgebirge" kam erst viel später auf) zog, da war auch auf der Südseite rasches Handeln geboten.

Doch eine Erschließung des Gebirges von Süden her schien sehr schwierig zu sein. Wie eine Mauer ragte die Bergkette aus der Sumpflandschaft Nordböhmens, und die weiten, moorigen Kammebenen dahinter luden auch nicht gerade zur Gründung von Dörfern ein. Wollte man einen Fuß in die Tür bekommen und sich einen Anteil am erhofften Silbersegen sichern, brauchte man gute Ratgeber, wie das Unternehmen praktisch anzustellen sei. Die wahrscheinlich besten Experten jener Zeit in Sachen Bergbau, Landwirtschaft und Technik jeglicher Art waren die Zisterzienser.

Im 11. Jahrhundert hatten sich die kirchlichen Ordensorganisationen immer weiter vom ursprünglich einfachen, dem Glauben verpflichteten und mit eigener Hände Arbeit bestrittenen Lebensstil entfernt. Eine Rückbesinnung schien notwendig, und so wurde 1098 im Kloster Cîteaux (lat. Cistercium) ein neuer Mönchsorden gegründet. In der festgefügten Kirchenlandschaft Westeuropas Fuß zu fassen war allerdings nicht leicht, und so bot die in dieser Zeit an Fahrt gewinnende deutsche Ostexpansion gute Gelegenheit, in den nur dünn besiedelten Slawengebieten jenseits von Elbe und Saale neue Stützpunkte zu gründen. Den Fürsten wiederum waren die tatkräftigen Mönche sehr willkommen beim Ausbau ihrer Ost-Marken (Mark Brandenburg, Mark Lausitz, Mark Mähren, Mark Meißen u.a.). Ohne das umfangreiche Wissen (im ansonsten wenig wissensorientierten Mittelalter), ohne die Experimentierfreude und die daraus gewonnenen praktischen Erfahrungen der Zisterzienser wäre womöglich die Geschichte Mitteleuropas im 12./13. Jahrhundert anders verlaufen.

Auch der Meißner Markgraf Otto ("der Reiche") hatte sich Mitte des 12. Jahrhunderts die Unterstützung durch den Zisterzienserorden gesichert für seine Besiedlungspläne des bis dahin von zahlenmäßig wenigen Slawen bewohnten "Gau Dalemince" (nördliches Erzgebirgsvorland). 1162 wurde im Zellwald bei der späteren Stadt Nossen das Kloster Altzella gegründet.

1196 folgte dann auf der böhmischen Seite des Gebirges das Kloster Ossegg, mit dem die in Prag herrschenden Premysliden-Könige und ihre örtlichen Gefolgsleute vom Geschlecht der Hrabischitze in den Wettlauf um die Erschließung des Erzgebirges eintraten. Diese Erschließung war mit dem Bau von Burgen verbunden. Von böhmischer Seite her wurden im 13. Jahrhundert die ersten Befestigungen der Riesenburg, der Burgen Sayda (heute nicht mehr vorhanden), Purschenstein (Neuhausen) und Rechenberg vorangetrieben. Diese sollten den Einfluss auf die alten Handelswege sichern. Mindestens genauso wichtig war allerdings die Rodung des Miriquidi-Urwaldes, die Urbarmachung der Böden und die Ansiedlung von treuen Untertanen.

Ohne Bulldozer, Harvester und Traktoren standen die mittelalterlichen Kolonisatoren vor großen Problemen. Allein mit Äxten und Ochsengespannen den Wald zu roden hätte Jahrhunderte in Anspruch genommen. Einen entscheidenden Impuls gaben vermutlich die Zisterzienser, indem sie die Nutzung des Holzreichtums für die Glasherstellung empfahlen. Bäume gingen in Flammen auf, um daraus die nach damaliger Glasmacher-Technologie unerlässliche Pottasche zu gewinnen. Zurück blieben Rodungsinseln, die dann landwirtschaftlich genutzt werden konnten.

Gleichzeitig versuchten Erzwäscher in den Bachtälern und auf den Schwemmkegeln am Fuße des Gebirges ihr Glück. Auch beim aufkommenden Bergbau war der Rat der in solchen Dingen ebenfalls bewanderten Zisterzienser willkommen. Nicht zuletzt erwiesen sich die Mönche und ihre Äbte selbst als sehr geschäftstüchtig.

Hussitenüberfälle im 15. Jahrhundert und Reformation im 16. Jahrhundert beendeten die frühe Blütezeit der Klöster. Altzella verfiel, Osek/Ossegg hingegen konnte ab Anfang des 18. Jahrhunderts an seine alte Bedeutung für die Region anknüpfen.

Am Westrand von Osek liegt der Osecký rybník/Neuteich. Der Teich diente einstmals als Wasserspeicher für die Strumpfmanufaktur von Osek, die 1697 auf Initiative eines Klosterabtes in Betrieb ging. Für das Waschen der Wolle waren beträchtliche Wassermengen erforderlich, die der kleine Ossegger Bach nicht immer liefern konnte. Heute befindet sich am Ufer des Gewässers ein kleiner Zeltplatz.