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"Herrmannwiese"


In den 1960er Jahren entstand die "Arbeiterwohngemeinde" in der Oberschlottwitzer Müglitzaue

Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bot die Schlottwitzer Müglitzweitung ein völlig anderes Bild als heute. Die nährstoffreichen Schwemmböden wurden landwirtschaftlich genutzt, an Gebäuden standen in der des öfteren von Hochwasserereignissen betroffenen Aue fast nur einzelne Mühlen. Eine davon war die 1991 abgerissene Friedensmühle an einem von Seitenhain her einmündenden Bächlein. Landwirtschaftliche Gehöfte und sonstige Wohngebäude hingegen waren überwiegend an den unteren Talhängen errichtet worden, so wie das Gut oberhalb der Friedensmühle. Von hier aus wurden auch die wenigen nicht allzu steilen Flächen beiderseits der Talaue bewirtschaftet. Eine kleine, wahrscheinlich seit langen Zeiten immer zur Heugewinnung genutzte Wiese befindet sich an dem genannten kleinen Bächlein - nach der ehemaligen Mühle von den Schlottwitzern gelegentlich als "Friedensbach" bezeichnet. Vom letzten Besitzer und Nutzer der 0,4 Hektar kleinen, aber sehr artenreichen Grünlandfläche stammt der Name "Herrmannwiese". Heute wird das 1964 zum Flächennaturdenkmal erklärte Biotop vom Förderverein für die Natur des Osterzgebirges gepflegt.

Der Artenreichtum resultiert zum einen aus der seit vielen Jahrzehnten jeden Sommer erfolgten Mahd, zum anderen aber wahrscheinlich auch aus der etwas besseren Ausstattung des Bodens mit basischen Pflanzennährstoffen sowie aus geländeklimatischen Unterschieden. Eng verzahnt wachsen hier Arten der submontanen Glatthaferwiesen, der Bergwiesen und der Feuchtwiesen. Zwischen April und Juli bietet sich dem Naturfreund ein Nacheinander verschiedener, meist bunter Blühaspekte. Zuerst erscheinen Frühblüher wie Scharbockskraut, Busch-Windröschen und Hohe Schlüsselblume sowie etwas später deren viel seltenere (und eher orange-gelbe) Verwandte, die Wiesen-Schlüsselblume. Ebenfalls manchmal bereits im April zeigen zwei weitere Raritäten der Wiese ihre ersten Blüten: das Stattliche Knabenkraut und die Trollblume. Auffällige lilienartige Blätter mit Fruchtkapseln gehören zur Herbst-Zeitlose. Zur Blüte kommt diese im Ost-Erzgebirge und in ganz Sachsen heute sehr selten Pflanze erst ab August. Voraussetzung dafür, dass sich die zarten, bläulich-violetten, krokusähnlichen Blüten entfalten können, ist die vorherige Mahd der Fläche. Im Mai beherrschen vor allem "normale" Wiesenblumen wie Margerite, Acker-Witwenblume, Wiesen-Platterbse, Wiesen- und Rundblättrige Glockenblume das Bild, während im Juni typische Bergwiesenpflanzen (Perücken-Flockenblume, Kanten-Hartheu) zu blühen beginnen. Im feuchten Teil der Wiese wachsen unter anderem Alantdisteln, Blutwurz-Fingerkraut, Mädesüß und Hain-Sternmiere.


Herbstzeitlose

Betrachten kann man diese bemerkenswerte Wiese mit ihren teilweise sehr seltenen Pflanzen vom direkt vorbeiführenden Wanderweg aus. Dieser ist Bestandteil der historischen Eisenstraße nach Berggießhübel. Ein Betreten des Flächennaturdenkmals ist verboten, und das nicht ohne Grund: viele Pflanze sind sehr trittempfindlich. Dies gilt ganz besonders für die sehr seltene Herbst-Zeitlose.