Dass der Gneis an der östlichen Erzgebirgsflanke offenbar sehr heterogen in seinen Eigenschaften ist, zeigt auch die ständig wechselnde Talform der Müglitz. Zwischen Lauenstein und Bärenstein hat das Flüsschen eine bis 300 m breite Talmulde ausgeräumt - und damit für ihre gelegentlichen Hochwässer Entspannungsraum geschaffen (den ihr erst der Mensch mit Straße, Eisenbahn und Häusern wieder weggenommen hat). Unvermittelt türmen sich dann auf der rechten Seite Felsen auf ("Rolle"), während sich von links ein Bergsporn vorschiebt. Aus dessen Oberhangbereich ragen auch einige Felsen heraus, und auf einer solchen Felskuppe, für mittelalterliche Verhältnisse militärisch relativ gut geschützt, entstand (vermutlich) im 13. Jahrhundert eine Burganlage. Belehnt wurde damit ein Rittergeschlecht namens von Bernstein, das wahrscheinlich aus dem Gebiet der heutigen Schweiz stammte, sich als Dienstadel beim Kaiser verdient gemacht hatte und deshalb mit dem Gebiet zwischen Müglitz und Roter Weißeritz belehnt wurde. Im Erzgebirge rodeten zu dieser Zeit gerade an vielen Orten neu hinzugezogene Siedler den Wald und legten Dörfer an - unter anderem das Dorf Bärenstein. Die kleine Stadt Bärenstein wurde erst rund 300 Jahre später gegründet, als die Herren von Bernstein den wertvollsten Teil ihrer umfangreichen Besitzungen, das Altenberger Zinnrevier, an den Markgrafen verloren hatten. Mit dem Markt in der Nähe ihrer Burg wollten sie einen wirtschaftlichen Neuanfang versuchen. Wie groß ihre Hoffnungen auf die Ansiedlung von Händlern und Handwerkern waren, zeigt die beachtliche Größe des Marktplatzes. Doch der Aufschwung kam nicht, es blieb lange Zeit bei einer einzigen Häuserzeile um den Platz und dem zweifelhaften Ruhm, kleinste Stadt Sachsens zu sein (erst in den 1920er Jahren wurden Stadt, Dorf und Schloss Bärenstein zu einer Verwaltungseinheit vereinigt). Aber gerade diese jahrhundertelange ökonomische Stagnation beließ den Kern des Städtchens in seiner historischen Grundstruktur. Mit seinen bescheidenen, geschichtsträchtigen Häuschen, dem alten Rathaus in der Mitte und den großen Lindenbäumen ringsum gehört der Bärensteiner Markt zu den schönsten Plätzen des Ost-Erzgebirges.
Von der ursprünglichen Burg existieren allenfalls noch einzelne Grundmauerabschnitte. Als die militärische Funktion der einstigen Grenzfeste hinfällig wurde, erfolgte in mehreren Abschnitten der Umbau zum repräsentativen Adelssitz. Seine heutige Form nahm das Schloss im 18. und 19. Jahrhundert an. Nachdem das Objekt zu DDR-Zeiten als Erholungs- und Schulungsheim einer Blockpartei genutzt wurde, erfolgte 1995 der Verkauf an einen neuen Privatbesitzer. Seither erstrahlt das historische Schloss äußerlich wieder in neuem Glanz, ist aber leider für die Öffentlichkeit wieder verschlossen.
Wie bei allen mittelalterlichen Burgen legten die Bärensteiner anfangs sicher großen Wert darauf, dass die Hänge des Bergsporns frei von Gehölzen gehalten wurden - man wollte schließlich gesehen werden und Macht ausstrahlen, außerdem sollte sich niemand der Feste unbemerkt nähern können. Als die Burg zum Schloss wurde, trat dann immer mehr das Bedürfnis der Besitzer nach Annehmlichkeiten und Zerstreuung in den Vordergrund. Dazu benötigte man einen landschaftlich schön gelegenen Park und wandelte zu diesem Zwecke den Schlossberg in einen solchen um. Aus dem einstigen Schlosspark ist mittlerweile ein sehr strukturreicher, (scheinbar) naturnaher Wald hervorgegangen. Vorherrschend sind heute teilweise sehr mächtige Buchen, außerdem nahezu die gesamte Palette einheimischer Baumarten: Berg- und Spitz-Ahorn, Winter-Linde, Esche, Vogel-Kirsche, Stiel- und Trauben-Eiche, Birke, Eberesche, Fichte. Große Rosskastanien - eine aus Südosteuropa stammende Art - sowie einige, in dieser Höhenlage normalerweise nicht zu erwartende Eiben erinnern an die Vergangenheit als Parkanlage.
Noch um 1990 prägten mächtige Berg-Ulmen mit teilweise zwei bis drei Metern Stammumfang den Hang. Schon damals waren einige vom Ulmensterben befallen. Das höhlenreiche Totholz nutzten viele Tiere als Lebensraum. Doch der Verlauf der Krankheit ging in den Folgejahren rasend schnell und raffte den gesamten Ulmenbestand dahin. Ende der 1990er Jahre wurden die toten Bäume gefällt. Aus Stockausschlag sind inzwischen neue Bäumchen emporgewachsen, aber sobald ihre Stämmchen zehn Zentimeter stark sind, zeigen auch sie die ersten Schadsymptome.
Wahrscheinlich irgendwann im Jahre 1918 legte in einem niederländischen Hafen ein Schiff an, beladen mit Ulmenholz aus Fernost. Mit an Bord: ein blinder Passagier namens Ceratocystis ulmi alias Ophiostoma ulmi. Unbemerkt gelangte er so in Europa an Land - und entpuppte sich schon bald als höchst gefährlicher Bio-Terrorist. 1919 starben im holländischen Wageningen die ersten Ulmenalleen. Von da ab breitete sich die Vernichtungswelle in rascher Zeit über den Kontinent aus, bekannt unter der Bezeichnung "Holländische Ulmenkrankheit".
Den Verursacher zu ermitteln, gelang recht schnell. Es handelt sich um einen Pilz, der in ostasiatischen Ulmen lebt, ohne da solche gravierenden Schäden anzurichten wie in seiner neuen Heimat. Die Evolution hatte dort den Wirten wie den Erregern gleichermaßen Zeit gegeben, sich aneinander anzupassen. Wenn ein Organismus jedoch plötzlich in eine fremde Umgebung kommt, kann er auf Bedingungen treffen, wo die Evolution nicht auf jemanden wie vorbereitet ist. Die jüngere Weltgeschichte ist voll mit solcherart Beispielen, wo von Europäern bewusst oder unbeabsichtigt Pflanzen, Tiere, Pilze oder Mikroorganismen in die neue Welt hinausgetragen wurden. Hauskatzen und Ratten, die auf fernen Inseln binnen kürzester Zeit die Populationen flugunfähiger Vögel auslöschten sind solche Beispiele, ein anderes sind Pockenviren, die wahrscheinlich mehr amerikanische Ureinwohner hinwegrafften als alle Indianerkriege zusammengenommen.
Nun war also so ein Fremdling auch nach Europa gekommen. Für das enorme Tempo seiner Ausbreitung benötigte er jedoch einheimische Helfer. Er fand sie in den Kleinen und Großen Ulmen-Splintkäfern. Die Vertreter der Borkenkäfer-Gattung Scolytes legen ihre Eier unter die Rinde älterer und schwächerer Ulmen - zum Beispiel solcher, die von der Pilzkrankheit befallen sind. Ihre Jungen suchen nach dem Schlüpfen die Kronen auch jüngerer Bäume auf, um dort an den Blättern zu knabbern. Dabei infizieren sie diese ebenfalls. Die Ulme, plötzlich konfrontiert mit einem ihr bis dahin unbekannten Eindringling, versucht sich mit einer Methode zu schützen, die ihr schon bei anderen Krankheiten geholfen hat: sie verschließt ihre Leitungsbahnen, um die Ausbreitung des Verursachers in noch unbefallene Organe zu verhindern. Doch Ophiostoma ulmi ist von anderem Kaliber, den kriegt man so leicht nicht los. Schlimmer sogar: die Ulme verstopft mit dem althergebrachten Abwehrmechanismus ihre eigenen Versorgungswege. Die ersten Äste vertrocknen, und innerhalb weniger Jahre sterben die meisten Bäume ganz ab. Dies betrifft alle einheimischen Ulmenarten - Flatter-Ulme und Feld-Ulme im Tiefland, im Ost-Erzgebirge vor allem die Berg-Ulme (= Berg-Rüster).
Der Pilz gab sich jedoch mit dem Aktionsgebiet Europa nicht zufrieden und strebte nach neuen Ufern. Um 1930 erreichte er mit einem Schiff Nordamerika und fiel auch über die dortigen Ulmenverwandten her.
Bei alledem machte die Evolution nicht halt. Während in Europa Mitte des 20. Jahrhunderts die Hoffnung keimte, die schlimmste Welle des Ulmensterbens wäre vorbei und möglicherweise hätten sich relativ resistente Bäume durchgesetzt (es wurden sogar welche gezüchtet), so hatte sich in Amerika auch der Pilz weiterentwickelt. Ende der 1960er Jahre kehrten Nachkommen der Auswanderer mit einem Holztransport in die "Alte Welt" zurück, jetzt noch viel aggressiver als zuvor.
Diese zweite Welle hat in den 1980er und 1990er Jahren auch im Ost-Erzgebirge die Berg-Ulmen hinweggerafft. Betroffen sind nahezu alle Rüstern mit mehr als zehn Zentimetern Stammdurchmesser. Nur weit von anderen Artgenossen entfernt wachsende Ulmen haben eine Chance, weil sie vielleicht nicht von den Splintkäfern entdeckt werden und daher auch der Pilz nicht zu ihnen gelangt. Einige wenige Berg-Ulmen scheinen allerdings auch seit Jahren der Krankheit zu trotzen - entweder, weil sie so einen idealen Standort haben und damit, trotz Verschluss der Leitungsbahnen, die Wasserversorgung ausreicht (zum Beispiel der große Baum gegenüber der Tharandter Forstuniversität an der Weißeritz), oder aber vielleicht auch, weil sie genetisch besser mit der Gefahr klarkommen. Möglicherweise gibt die Evolution den Ulmen doch noch eine Chance.
Die Bodenvegetation des Bärensteiner Schlossberges ist außerordentlich üppig. Zum einen sprechen Stickstoffzeiger und Ruderalarten noch immer von Zeiten, als vor zwanzig Jahren und noch früher hier verantwortungslose Zeitgenossen Müll abkippten: Brennnessel, Kleines Springkraut, Schwarzer Holunder, Schöllkraut, Echter Nelkenwurz, Weicher und Bunter Hohlzahn. Andererseits aber prägen anspruchsvollere Pflanzen nährstoffreicher Buchen- sowie Schatthangwälder den Waldboden des von vielen Pfaden durchzogenen Hanges. Dazu gehören neben vielen weiteren Arten: Wald-Flattergras, Wald-Reitgras, Bingelkraut, Goldnessel, Haselwurz, Lungenkraut, Nesselblättrige Glockenblume, Waldmeister, Zwiebel-Zahnwurz, Christophskraut und verschiedene Farne. Diese Artengarnitur spricht für einen erhöhten Gehalt an Kalzium und Magnesium. Der Gneis des Müglitztalgebietes kann solche basenreicheren Böden mancherorts durchaus hervorbringen, andererseits ist dieses Phänomen an vielen Burgfüßen zu beobachten. Möglicherweise ist über Jahrhunderte aus dem Mauerwerk soviel Kalkmörtel gelöst worden, dass sich dies in der Vegetation widerspiegelt. Das noch vor einigen Jahren im Bärensteiner Schlosswald zu findende Leberblümchen scheint sich jedoch verabschiedet zu haben. Saure Niederschläge infolge von Kraftwerks- und Fahrzeugabgasen verdrängen die basischen Einflüsse. Nichtsdestotrotz lohnt die bunte Vielfalt unterhalb des Bärensteiner Schlosses nach wie vor einen ausgiebigen Frühlingsspaziergang.
Am Steilhang gegenüber dem Schlossberg verbergen sich zwei freistehende Felsen im Wald, die "Männerrolle" und die "Weiberrolle". Obgleich die hochgewachsenen Fichten nur wenig lohnende Aussicht bieten, ziehen die Rollefelsen in den letzten Jahren immer mehr Freunde des Felskletterns an. Aus Artenschutzgründen ist jedoch das Kletterverbot zwischen Januar und Juli unbedingt zu respektieren. Einen schönen Blick auf das gegenüberliegende Schloss Bärenstein und den dahinter liegenden Geisingberg bietet indessen die obere Rolleaussicht am Wanderweg Börnchen-Bärenstein (Abzweig am oberen Waldrand).