Das Hochwasser 2002 verursachte hohe materielle Schäden und viel menschliches Leid - einerseits. Andererseits war es aber auch, zumindest für nicht unmittelbar selbst Betroffene, ein spannendes Naturereignis. Aufmerksame Beobachter bekamen von den tosenden Fluten gezeigt, wo der Fluss seinen natürlichen Lauf hatte und haben will, warum sich das Wasser an welchen Stellen wie verhält, welche Mittel die Natur selbst der entfesselten Energie entgegensetzt (zum Beispiel Schwarz-Erlen, die wie Felsen in der Brandung standen). Leider gehörten die Gewässerverantwortlichen nicht unbedingt zu den aufmerksamen Beobachtern und modellierten lieber später an ihren Computern technische Hochwasserschutzmaßnahmen.
Darüber hinaus schuf die Flutwelle vom 12./13. August 2002 faszinierende neue Chancen für Pflanzen und Tiere in Form von Sand- und Kiesbänken, frisch angeschnittenen Lehmböschungen, Inseln zwischen neuen Bachläufen, Restwasserkolken (kleine Buchten und nach Ablauf des Hochwassers vom Bach abgeschnittene Tümpel) sowie Schotterflächen. Doch die Hoffnungen der Naturschützer waren verfrüht. Unmittelbar nach dem Naturereignis begannen Bundeswehrpanzer und jede Menge sonstiges schweres Gerät, provisorisch "Ordnung" zu schaffen. Anschließend hatten nahezu überall massiver Straßen- und Eisenbahnwiederaufbau und sonstige Instandsetzungsarbeiten unverzüglichen Vorrang vor durchdachter Planung, die auch auf die Kräfte der Natur Rücksicht genommen hätte. Potentialflächen für den Naturschutz spielten dabei selbstredend (fast) überhaupt keine Rolle.
Nahezu die einzige Ausnahme im gesamten Müglitztal findet man heute noch oberhalb des Bärensteiner Bahnhofes. Hier blieb noch eine der Schotterflächen weitgehend unbeschadet erhalten, hier kann sich beim nächsten Hochwasser die Müglitz noch ausbreiten, hier kann sie dann noch einen Teil ihrer Energie und ihre mitgeführte Munition von Steinen, Holz und Zivilisationsprodukten ablagern. Solche natürlichen "Geschieberückhaltflächen" sind eigentlich sehr wichtig. Einstweilen bietet sich eine hervorragende Möglichkeit, die Sukzession der Vegetation, das Kommen und Gehen von Pflanzen, zu verfolgen.
Auf den abgelagerten Schottern stellte sich 2003 zunächst nur zögernd Pflanzenwuchs ein, sicherlich auch bedingt durch den extrem trocken-heißen Sommer, der die Müglitz fast zum Versiegen brachte. Inzwischen jedoch - 2007 - präsentieren sich viele Arten und zaubern einen außerordentlich farbenprächtigen Sommeraspekt mit blauen Natternzungen, gelben Königskerzen, ebenfalls gelb blühendem Besenginster, mit Rotem Fingerhut und violetten Lupinen. Gehäuft treten auch Turmkraut, Gelbe Resede, Taubenkropf-Leimkraut, Acker-Witwenblume, Beifuß und Wiesen-Glockenblume auf. Wunderschön und doch etwas verwunderlich sind die ausgedehnten Bestände des Wundklees. Diese eigentlich etwas basenliebende Magerrasenart war vorher im Müglitztal kaum verbreitet - bis auf ein großes Vorkommen auf den Schottern des ehemaligen Altenberger Güterbahnhofs.
Solche Flussschotterflächen hat es in der Naturlandschaft einstmals sicher in großer Fülle gegeben. Vielleicht waren hier auch einige der Pflanzenarten zu Hause, die später von den menschengemachten Magerwiesen Besitz ergriffen. Doch dazu wäre mehr Dynamik in den Tälern vonnöten als nur zwei- oder dreimal im Jahrhundert ein Hochwasser, das stark genug ist, die angelegten Fesseln zu sprengen. Diese Dynamik können weitgehend zwischen Ufermauern eingesperrte Bergbäche heute nicht mehr entfalten.
Die Sukzession läuft derweil weiter zu Pionier-Gehölzgesellschaften mit Erlen, Birken, Salweiden, Fichten und Kiefern. Junge Bäumchen dieser Arten haben bereits Fuß gefasst und werden sicher in wenigen Jahren ihre Schatten über den bunten Erstbesiedlern ausbreiten. Aller Erwartung nach sollte sich letztlich die potenziell natürliche Hauptbaumart der Bachauewälder - die Schwarz-Erle - durchsetzen. Falls nicht ein neues Hochwasser die Sukzession wieder von vorn beginnen lässt.