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S-Berg

Gar nicht auf allen Landkarten verzeichnet ist der sogenannte S-Berg, etwa einen Kilometer südlich von Hartha. Es handelt sich um einen flachen Tafelberg, der noch eine vollständige Abfolge der kreidezeitlichen Sandsteinschichten aufweist. Verschiedene Institute der Tharandter Forstabteilung der TU Dresden nutzen dieses Gebiet für ihre Untersuchungen.

Das Institut für Bodenkunde und Standortslehre unterhält eine Kette ("Catena") von Bodengruben, die über den verschiedenen Gesteinen des S-Berges auch eine breite Palette von Bodenbildungen verdeutlichen.

Die Bodengruben am S-Berg im Tharandter Wald

Maxi Binder


Wandert man auf der Fuchsschneise über den S-Berg, so fallen einem rechts und links des Weges zahlreiche Bodengruben auf. Diese werden schon seit Jahrzehnten für die Ausbildung der Tharandter Forststudenten genutzt und haben aus diesem Grund beachtliche Ausmaße erreicht.

Es wurde eine sogenannte Catena angelegt. Dabei handelt es sich um eine räumliche Abfolge von Bodenprofilen, die die Bodenentwicklung über verschiedenem Ausgangsmaterial zeigt. Das ist dort besonders interessant, wo auf engem Raum viele verschiedene Ausgangsgesteine vorkommen. Im Gebiet zwischen Tiefem Grund im Nordosten und S-Berg im Südwesten ist das der Fall. Im Tiefen Grund steht Gneis an, weiter im Südwesten Quarzporphyr. Darüber lagerten sich in der Kreidezeit verschiedene Sedimentschichten ab, die heute als Sandsteine und Tone mit unterschiedlichen Strukturen vorliegen und den S-Berg bilden. Auf diesen, in Entstehung und Struktur sehr unterschiedlichen, Ausgangsgesteinen entstehen bestimmte Bodentypen, die man im Gelände mit Hilfe der Bodengruben erkennen kann.

Nordwestlich des Immissionsökologischen Messfeldes, etwas abseits des Floßweges, befindet sich eine Bodengrube, die eine typische Braunerde zeigt. Als Ausgangsgestein steht Quarzporphyr an. Nun ist die Braunerde nicht allein durch den nährstoffarmen sauren Quarzporphyr, sondern auch durch Lößeinwehungen aus den Eiszeiten geprägt. Löß ist relativ kalk- und nährstoffreich und hat somit die Verwitterungsprodukte des Quarzporphyrs aufgewertet.


typische Braunerde

Geht man auf dem Floßweg weiter nach Nordwesten, trifft man rechter Hand auf einen Braunerde-Pseudogley. Das ist ein Bodentyp, der durch Stauwassereinflüsse gekennzeichnet ist. Das entsprechende Merkmal ist die "Marmorierung", die durch senkrechte helle Streifen im ansonsten braunen Profil entsteht.


Braunerde-Pseudogley

Auf dem Plateau des S-Berges liegen verschiedene Abfolgen von Sandsteinen übereinander. Einen Teil davon kann man sich in einer Bodengrube in der Nähe der Kreuzung Fuchsschneise - Komiteeflügel ansehen. Es sind die rötlich-weißen Pennricher Schichten und der darüberliegende Plänersandstein freigelegt.


Sandsteinschichtung

Am anderen Plateauende steht eine andere Sandsteinschicht an der Oberfläche an: der Quadersandstein. Auf ihm entstand am südwestexponierten Hang des S-Berges der Bodentyp Podsol, den man sich ebenfalls in einer Bodengrube aufgeschlossen ansehen kann.


Podsol

Nachdem man die Schneise 8 (Straße zwischen Kurort Hartha und Dorfhain) überquert hat, steigt man in ein Tal hinab, in dem sich der gesamte Gesteinszersatz, der in den Eiszeiten den Hang hinuntergerutscht ist, angesammelt und verdichtet hat. Dort liegen außerdem Tonlinsen im Boden, die das Wasser nicht abfließen lassen. In diesem Bereich steht das Wasser bis fast an die Oberfläche. Das führt zum Bodentyp Stagnogley, der sich allerdings den größten Teil des Jahres in einer mit Wasser gefüllten Bodengrube verbirgt.


Stagnogley

Am Südosthang des S-Berges, zwischen den Wegen Kreuzvier und Komiteeflügel, befindet sich ein längst aufgelassener Sandsteinbruch, auf dessen Boden sich ein bedeutsames Zwischenmoor gebildet hat. (Ein "Zwischenmoor" steht, wie der Name vermuten lässt, von seinen Eigenschaften her zwischen den Biotopen "Hochmoor" und "Niedermoor" - d.h., neben angestautem Regenwasser trägt auch seitlich einsickerndes Grundwasser zum Wasserhaushalt bei und führt in geringem Umfang Nährstoffe zu.). Der größte Teil des Moores geht wahrscheinlich auf die Verlandung von Gewässerflächen zurück. Ein kleiner Resttümpel dient heute noch Erdkröten und Grasfröschen als Laichgewässer.

Neben Torf- und anderen Moosen sowie Seggen und Binsen prägt vor allem Schmalblättriges Wollgras das Biotop. Das frühere Vorkommen von Sonnentau scheint erloschen zu sein, dafür wurde in den letzten Jahren Fieberklee entdeckt. Unter den Moosen ist das sehr nässebedürftige Warnstorfia fluitans bemerkenswert. Vom Rande her dringen immer weiter Birken in die Steinbruchsohle vor, sorgen für Beschattung und Wasserentzug, was den Charakter des Moores zu verändern droht.

Beachtlich ist vor allem die Geschwindigkeit, mit dem in den Jahrzehnten seit der Aufgabe des Steinbruches das Wachstum der Torfmoose fortgeschritten ist. Die angesammelte Torfschicht beträgt stellenweise 90 cm - das entspricht durchschnittlich 6 cm Torfakkumulation pro Jahr. Es handelt sich also hier offenbar um ein sehr vitales Moor - eine Rarität im Ost-Erzgebirge, wo sich selbst auf dem Gebirgskamm die meisten Moore in einem mehr oder weniger desolaten Austrocknungsprozess befinden. Das "Moor im Sandsteinbruch am Komiteeflügel" ist als Flächennaturdenkmal geschützt. Die Torfmoosbereiche dürfen auf keinen Fall betreten werden, Störungen des Mooswachstums durch Trittbelastung regenerieren sich teilweise erst nach vielen Jahren!

Die Warnsdorfer Quelle, südwestlich des S-Berges gelegen, ist mit durchschnittlich vier Litern pro Sekunde der ergiebigste Wasserlieferant des Tharandter Waldes (wovon ein Teil zur Wasserversorgung Tharandts abgezweigt wird). An der Basis der Sandsteindecke wird durch eine verdichtete Schicht das weitere Versickern des Niederschlagswassers in den Porphyr verhindert, und das am Westhang des S-Bergs im Sandstein gespeicherte Wasser tritt an dessen tiefster Stelle als Warnsdorfer Quelle zu Tage. 1983 wurden bei Grabungen im Umfeld der Warnsdorfer Quelle Reste der Siedlung Warnsdorf aus dem 12. Jahrhundert gefunden, die allerdings nicht lange bestanden hat.

Etwas östlich des S-Berges, zwischen Breitem und Tiefem Grund, befindet sich das Immissionsökologische Prüffeld des Institutes für Pflanzenchemie.

Das immissionsökologischen Prüffeld der TU Dresden

Volker Beer


In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in Tharandt die Grundlagen moderner Immissionsforschung gelegt. Wissenschaftliche Untersuchungen zu Waldschäden erschienen und belegten, dass diese durch Luftverunreinigungen aus Industrieanlagen verursacht wurden. Als Begründer der Rauchschadensforschung gilt Julius Adolph Stöckhardt, der von 1847 bis 1883 in Tharandt "Agricultur- und Pflanzenchemie" lehrte. Das Immissionsökologische Prüffeld wurde Ende der 1960er Jahre am Institut für Pflanzen- und Holzchemie (Sitz im Stöckhardt-Bau, seit 2002 im neu errichteten Judeich-Bau, einem modernem Labor- und Lehrgebäude) gegründet und bis heute betrieben. In Glas-Kabinen können die verschiedensten Umwelt- und Schadstoffeinflüsse an Waldpflanzen simuliert werden. Derartige Versuche geben Aufschluss über grundlegende Wirkmechanismen und sind Voraussetzung moderner Feldforschung. Auch die Umweltgesetzgebung nimmt darauf Bezug, etwa bei der Vorgabe nicht zu überschreitender Grenzwerte für derartige, von der Industrie in die Umwelt abgegebene Schadstoffe. Mit Hilfe einer computergesteuerten Schadgasdosier- und Messeinrichtung ist es möglich, die unter natürlichen Bedingungen gemessenen Tages- und Jahresgänge der Immissionsbelastung auf Pflanzen zu untersuchen. Der Einfluss verschiedener Schadstoffkomponenten (z. B. Schwefeldioxid SO2, Stickoxide NOx, Ozon O3 und Ammoniak NH3) kann einzeln oder im Gemisch geprüft werden, so dass auch synergistische bzw. kompensatorische Wirkungen erkannt werden können.