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Steinrücken bei Seyde


Steinrücke an der Kahlen Höhe

Einen eigenartigen Eindruck macht das kleine Dörfchen Seyde, das sich auf knapp anderthalb Kilometern "in einem wahren Katzenbuckel über einen schmalen Höhenrücken von Tal zu Tal windet" (Werte der deutschen Heimat). Steil steigt die Dorfstraße fast hundert Meter bergan, vom Tal der Wilden Weißeritz einerseits und dem des Weißbaches andererseits. Das Klima ist rau, der Boden über Quarzporphyr und Rotgneis ziemlich karg - an einer solchen Stelle hatten die ersten Siedler des Ost-Erzgebirges keine Ortschaften angelegt. Vermutlich geht Seyde auf eine im 15. Jahrhundert (also zwei- bis dreihundert Jahre nach der Kolonisierung der landwirtschaftlich besser nutzbaren Fluren) Zoll- und Raststätte an der Frauenstein-Altenberger Straße zurück, in deren Umfeld sich dann eine dörfliche Siedlung entwickelte. Dem Straßenverkehr sind inzwischen andere Wege geebnet worden, so dass Seyde heute ein recht beschauliches Dorf darstellt.

Besonders im Mai/Juni bereichern um die Gehöfte bunte Bergwiesen mit Wald-Storchschnabel, Alantdistel und Bärwurz das Bild. Einstmals waren solche Wiesen typisch für das Grünland des Ost-Erzgebirges, doch musste die Blütenfülle der Landwirtschaftsintensivierung weichen. In Ortsnähe, wo die kollektivierten Bauern noch ein paar eigene Schafe oder Kaninchen halten und für diese Heu machen durften, da konnten sich artenreiche Bergwiesen erhalten - bis heute, falls inzwischen nicht monatlicher Rasenmähereinsatz den früheren Sensenschnitt ersetzt hat.


Feuchtwiese am Osthang der Kahlen Höhe (mit Wald-Engelwurz)

Mühsam muss die Bewirtschaftung der steilen, steinigen Hänge in der Umgebung von Seyde gewesen sein. Am Nordosthang der Kahlen Höhe künden Hangterrassen von mehreren Metern Höhe sowie mächtige Steinrücken von der Plackerei der Altvorderen. Heute erfreuen diese Landschaftsstrukturen den Naturfreund. An den Steilstufen der Hangterrassen, zum Teil auch auf den dazwischenliegenden Flächen, konnten sich Bergwiesenreste erhalten, eingefügt auch einige nasse Quellsümpfe. Im oberen Teil des Berges, wo es nicht mehr ganz so steil ist, sind diese parallelen Streifen als eindrucksvolle Steinrücken ausgebildet, wie sie sonst eher für das Einzugsgebiet der Müglitz typisch sind. Wie wertvoll jeder Quadratmeter Boden einst war, zeigt eine besonders große Steinrücke am (heutigen) Waldrand, die sorgsam zu einer dicken Trockenmauer aufgeschichtet wurde. Auf der schattigen Nordseite des Walles hat sich eine üppige Moosflora eingestellt. Charakteristisch ist auch der Gehölzbewuchs. Während im unteren Hangbereich, wo es feuchter und nährstoffreicher ist, große Eschen an den Hangterrassen wachsen, bestimmen auf den Steinrücken am Oberhang die anspruchslosen Ebereschen das Bild - im Mai mit ihren weißen Blüten, im September mit roten Vogelbeeren. Der Ausblick von der Kahlen Höhe (739 Meter) krönt das Erlebnis eines Ausflugs zwischen Wilder Weißeritz und Weißbach.


Bei Seyde neugepflanzte Hecken haben sich zu wertvollen Biotopen entwickelt.