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Český Jiřetín/Georgendorf

Bei Ceský Jiretín/Georgendorf, fünf Kilometer unterhalb der Fláje-Talsperre, verlässt die Flöha Tschechien, um gleich darauf in der 1968 in Betrieb genommenen Talsperre Rauschenbach erneut angestaut zu werden. In dem Stausee ist der Neuwernsdorfer Wasserteiler verschwunden, mit dem nach 1882 der Flöha Wasser entnommen und über die so genannte Revierwasserlaufanstalt - ein über lange Zeiten gewachsenes System von Kunstgräben, Röschen (Wassertunnel) und Teichen - zu den von Wasserkraft abhängigen Freiberger Bergbau- und Industrieunternehmen geführt wurde.

Reichlich 250 Jahre zuvor schon hatte der Freiberger Ressourcenhunger schon einmal dazu geführt, das Wasser der Flöha abzuzweigen. Damals ging es allerdings um Holz, der zweite wichtige Energieträger früherer Zeiten. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde der "Neue Floßgraben" angelegt, auf dem Holzscheite zunächst in die Freiberger Mulde und über diese dann nach Freiberg geflößt werden konnten. Auch der Anfangspunkt dieses Meisterwerkes damaliger Vermessungskunst ist mittlerweile in einem Stausee verschwunden, nämlich der Fláje-Talsperre. Doch die ersten Kilometer des Grabens wurden zu Beginn des 21. Jahrhunderts von einer Bürgerinitiative wieder hergestellt. Heute können Besucher das technische Denkmal entlang eines Wanderweges bewundern (Trittsicherheit und gutes Schuhwerk sind allerdings zu empfehlen!). Kurz vor Georgendorf stürzt das Wasser in Kaskaden über 70 Meter den Hang hinab.

Bei einer Floßgrabenwanderung bieten sich auch sehr schöne Ausblicke über das Flöhatal und auf den breiten, gegenüberliegenden Höhenrücken. Dabei handelt es sich um den Bradácov (876 m üNN), auf dem das Schloss Lichtenwalde errichtet wurde. Nach dem Landberg im Tharandter Wald ist dort der größte Basaltdeckenerguss des Ost-Erzgebirges erhalten geblieben. Allerdings spiegelt sich das basische Gestein kaum in der Bodenvegetation wider, zu langanhaltend und tiefgreifend waren offenbar die Versauerungswirkungen von Fichtenforsten und Schwefeldioxidimmissionen. Basalt bildet auch den nordwestlichen Sporn dieses Höhenrückens, die Kuppe des Jestrabí vrch/Geiersberg (818 m üNN). Von den Abfahrtspisten am Nordhang eröffnen sich schöne Ausblicke.

Georgendorf entstand Ende des 16. Jahrhunderts, als ein Dorfchemnitzer Hammerwerksbesitzer namens Hans Haase - nebenbei auch Bürgermeister von Dresden - von den böhmischen Waldbesitzern die Genehmigung erhielt, hier Holz schlagen zu lassen. Noch heute wird die Brücke, über die der Grenzübergang führt, als "Haasenbrücke" bezeichnet. Als die Holzhauer eine gehörige Lichtung geschaffen hatten, entstand darauf eine Siedlung und erhielt den Namen des Grundherrn, Georg von Lobkowitz. Deutschgeorgenthal auf der anderen Grenzseite ist hingegen viel jünger (1680).

Vor dem Zweiten Weltkrieg wohnten in dem Ort über 700 Einwohner, heute noch ungefähr 50. Darüber hinaus existieren in einem kleinen, parallel zur Grenze verlaufenden Seitentälchen viele Wochenendgrundstücke.

Die Neugrabenflöße


Aus dem Kammgebiet zwischen Mníšek/Einsiedel und Moldava/Moldau wurde das Holz bereits lange vor dem 17. Jahrhundert nach Sachsen geliefert. Über die Wilde Weißeritz gelangte Brennholz nach Dresden und über die Freiberger Mulde zum Freiberger Bergbaurevier, wo vor allem Holzkohle aus den Buchen des Erzgebirges einen wichtigen Brennstoff für die Hütten darstellten. Doch die erreichbaren Vorräte wurden immer knapper, die Kosten erreichten die Grenzen der wirtschaftlichen Rentabilität.

Ab 1535 wurden Pläne entworfen für die Anlage von Floßgräben für Holznachschub aus den noch vorratsreichen Kammwäldern. Auf der sächsischen Seite entstanden kurz danach mehrere Gräben (z.B. Annaberger Flossgraben 1564/66), auf die Erschließung der Waldbestände im böhmischen Flöhagebiet musste man aber noch fast ein Jahrhundert warten.

Erst im Jahre 1623 kam es zu ersten Verhandlungen in Ceský Jiretín/Georgendorf. Die Holzvorräte in der Umgebung wurden abgeschätzt und dann, am 9.10.1623 im Freiberger Schloss, ein Vertrag abgeschlossen mit den Grundherren. Die von Lobkowitz zu Bilin/Bílina bekamen 16.000 Reichstaler für 224.000 Kubikmeter Holz. Ein Jahr später wurde mit der Bau des Grabens angefangen. Von der Ortschaft Fleyh führte er im Tal des Flájský potok/Fleyhbaches (= Flöha) nach Ceský Jiretín/Georgendorf und weiter nach Cämmerswalde und Clausnitz, wo er (nicht weit von Niedermühle) in die Freiberger Mulde mündete. Der Höhenunterschied beträgt 150 Meter. Der Graben war 120 cm tief, oben 280 cm breit, aber unten nur 180 cm. Jedes Scheit musste genau 127 cm lang sein. Das Wasser wurde von der Flöha abgezweigt und strömte im Graben nur, wenn man Holz flößte. Das ganze Unternehmen hat den sächsischen Kurfürsten 4959 Taler gekostet, und im Jahre 1629 war der Graben fertig. Bemerkenswert ist, dass der Bau schon in der Zeit des 30jährigen Krieges erfolgte. Erst nach 1630 erreichten die Kriegswirren das Gebirge (dann aber umso schlimmer).

Flößen konnte man nur, wenn es genug Wasser gab. In einem Häuschen in Fleyh wohnte in dieser Zeit der Grabensteiger, der den Graben auch in der Nacht kontrollierte - vor allem musste er beobachten, ob der Wasserspiegel nicht zu tief oder nicht zu hoch ist. Die Flößer "dirigierten" das Holz mit langen (150 cm) hölzernen Stangen und zogen die so genannten Saufhölzer heraus.

Im Jahre 1729 erließ die Prager Staatshalterei (Regierung) ein Universalverbot des Holzexports, doch in Fleyh wurden trotzdem die alten Verträge erneuert, und die Flösserei ging weiter. Immer wieder lamentierten die Besitzer und die Herrscher über die maßlose Ausplünderung der tschechischen Wälder (Kaiserin Maria Theresia verbot sogar ausdrücklich den Holzexport nach Sachsen), das letzte Flößen auf dem "Neuen Floßgraben" erfolgte dennoch erst im Jahre 1872.


rekonstruierter Floßgrabenabschnitt bei Cämmerswalde